In verschiedenen Kontexten bin ich heute wieder diesem Wort begegnet: nachhaltig. Mittlerweile soll alles nachhaltig sein oder zumindest nachhaltig werden. Vor zwei Jahren hat sich mein Vater bei mir darüber aufgeregt, dass dieses Wort überall ist. Jetzt verstehe ich ihn. Vor allem, weil ein zentraler Punkt dabei oft vernachlässigt wird.
Wobei, eigentlich handelt es sich dabei oft nur um eine Worthülse. Nachhaltig wird mittlerweile als Etikett auf alles Mögliche geklebt. Die Bandbreite reicht dabei von Plastiktüten mit höherem Recycling-Anteil bis zu Häusern aus Strohballen.
Schöne neue Nachhaltigkeits-Welt
Neben meiner Selbständigkeit arbeite ich in Teilzeit in einem Berliner Architekturbüro. Dort arbeiten wir wirklich nachhaltig: nachwachsende, ökologische Rohstoffe – bewährte Bauweisen – Verzicht auf längst überholte Standard-Lösungen. Heizkörper, wie Du sie vermutlich kennst, sind nämlich zum Beispiel längst nicht die ideale Möglichkeit, um einen Raum zu beheizen. Stattdessen sind Wand- und Deckenflächenheizungen nicht nur energiesparender sondern auch wesentlich angenehmer fürs Raumklima.
Wir verzichten natürlich auch auf Materialien, die in wenigen Jahren als gefährlicher Abfall deponiert oder aufwendig behandelt und verbrannt werden müssen. Bevor ich in diesem Architekturbüro angefangen habe, war ich in der Schadstoff-Branche unterwegs. Aus dieser Zeit weiß ich, dass nicht nur Asbest ein Problem bei der Entsorgung ist, sondern auch Mineralwolle oder Styropor-Dämmung, die heutzutage verbaut werden.
Viel zu oft bezieht sich, gerade in der Architektur, der Begriff Nachhaltigkeit nur auf die Auswahl von Materialien und Bauweisen. Wie nachhaltig es wirklich ist, ein Haus aus Energiespar-Gründen in Plastik einzupacken, wird sich in einigen Jahren zeigen. Mit meiner bisherigen Erfahrung kann ich aber sagen: Nachhaltigkeit sieht anders aus.
Genauso gravierend finde ich aber, dass bei Nachhaltigkeit die Barrierefreiheit oft nicht mitbedacht wird. Nachhaltig geht nur barrierefrei, das habe ich schon Anfang Februar geschrieben. Für den barrierefrei·Podcast greife ich das jedoch noch einmal auf, denn Nachhaltigkeit gibt es nur barrierefrei. Oder andersherum:
Was nicht barrierefrei ist, kann nicht nachhaltig sein
Nachhaltiges Bauen bedeutet mehr als ressourcenschonend und energieeffizient bauen. Es bedeutet auch, dass ein Gebäude langlebig ist und sich den verschiedenen Nutzungen anpasst. Und genau das ist nur möglich, wenn das Gebäude auch barrierefrei ist.
Das nachträgliche Abbauen von Barrieren ist mühsam und teuer. Und es widerspricht dem Nachhaltigkeits-Gedanken. Denn nachhaltig bedeutet ja, etwas jetzt richtig zu machen. Jede Ressource, die jetzt eingesetzt wird, soll so lange wie möglich Bestand haben. Was bringt mir dann ein modernes Holzhaus, wenn ich es wegen fehlender Barrierefreiheit in 10 Jahren aufwändig umbauen muss?
Nachhaltig bauen heißt für die Zukunft bauen.
Barrierefrei bauen heißt für die Zukunft bauen.
Die soziale und ökonomische Komponente
Neben den ökologischen Faktoren beinhaltet Nachhaltigkeit auch soziale und ökonomische Aspekte. Und genau an dieser Stelle schließt sich Barrierefreiheit an. Denn dadurch wird die allgemeine und gleiche Teilhabe aller Menschen, wie sie als Inklusion das Ziel unserer Gesellschaft sein sollte, überhaupt erst ermöglicht.
Bauen mit Barrieren ist unsozial und kann daher nicht nachhaltig sein.
Wenn Barrierefreiheit erst nachträglich erreicht werden soll, bedeutet das vor allem eins: höhere Kosten. Und überall dort, wo es bisher noch Barrieren gibt, müssen diese in Zukunft abgebaut werden. Eine alternde Gesellschaft bedeutet auch einen höheren Bedarf an barrierefreien Lösungen.
Bauen mit Barrieren vergrößert die Kosten und verschiebt sie in die Zukunft. Das ist nicht nachhaltig.
Wer Nachhaltigkeit will, muss Barrierefreiheit schaffen
Wenn wir in Zukunft dem Wörtchen nachhaltig begegnen, sollten wir beide, Du und ich, fragen: Und wie sieht es mit der Barrierefreiheit aus? Wie nachhaltig ist das Bauvorhaben? Oder ist es nur ökologisch, nicht aber auch sozial und ökonomisch nachhaltig?
Diese Frage stellt sich auch für alle, die ein eigenes Haus neu oder umbauen. Baust Du nur ökologisch nachhaltig oder wirklich nachhaltig? Schont Dein Haus die natürlichen Ressourcen und ist es zugleich ein unbeschwertes Zuhause fürs ganze Leben? Denn nur wenn Dein Zuhause barrierefrei ist, kann es Dein Zuhause fürs ganze Leben sein – auch im Alter, bei Krankheit oder im Fall einer Behinderung.
Falls Du gerade in der Situation bist, dass Du ein Haus oder eine Wohnung um- oder sogar neu bauen willst, solltest Du das Thema Barrierefreiheit unbedingt auf dem Schirm haben. Schreib mir gern, wenn Du Fragen dazu hast. Oder hast Du schon eine fertige Planung auf dem Tisch? Ich schaue gern mal drüber und zeige Dir, wie Dein neues Zuhause barrierefrei wird. Denn nur so kann es nachhaltig zum Zuhause fürs Leben werden.